Gedanken eines Waldbahners…
Hallo Waldbahn-Freunde,
neulich habe ich den Disney-Fillm „Soul“ gesehen. Es geht im tieferen Sinn um die Frage und Grätsche zwischen Funke, Leidenschaft, Sinn und Obsession.
Modellbahn wurde mir in die Wiege gelegt, so heißt es oft. Natürlich war es nicht unwahrscheinlich, wenn der Vater schon Eisenbahn-interessiert ist. Mit 6 Jahren bekam ich eine LGB zu Weihnachten, welche mich stark prägen sollte.
Schon bald folgte der erste Eigenbau. Aus Hartfaserplatte, Wellpappe und Heißkleber baute ich mir einen 4-achsigen Personenwagen. Die Fenster mit Wasserfarbe aufgemalt legte dieser Wagen (leider gibt es kein Foto von dem Modell) den Grundstein für spätere Werke. Als Teenie baute ich dann meinen Berninabahn-Triebwagen als Eigenbau aus Holz. Ein weiterer wichtiger Meilenstein hin zum Modellbauer.
Parallel dazu entstanden die ersten provisorischen Gartenbahn und es wurde gefahren, was man hatte und einem gerade Freude bereitete. Das Taschengeld erlaubte keine Ganzzüge nach Vorbild und meistens waren die Playmobil-Wagen eben doch erschwinglicher. Es wurde umbeschriftet und Geschichten erfunden um alles irgendwie in einem plausiblen Rahmen zu drücken. Aber das Wichtigste war, ich hatte Freude an meiner großen Eisenbahn.
Als der Funke für die Waldbahn zündete verschob sich mein Interessensgebiet und ich fing an mich mehr in dieses besondere Thema einzuarbeiten. Wie Alice im Wunderland ging es immer tiefer in den Kaninchenbau und mit jedem Buch, jedem Bericht und jedem Detail wuchs auch der Ansporn: Wenn man schon die Modelle selber baut, dann doch bitte richtig, maßstäblich, vorbildtreu… Und genau da begann ich mich zu verlieren:
- West Side Lumber Company? Ein Halbzug hatte 19 Wagen. Wie soll man daß in einen Garten bekommen? Das wäre in 1:20,3 ja unvorstellbar (über 10m).
- US-Waldbahn und Caboose? Das gabs es doch nur extrem selten und war nie Vorschrift.
- Rumänische Waldbahn? Die Moldovita-Wagen sind schon toll, aber deren Resita-Lok war ja nur Reserve-Maschine, dann kann ich die ja nicht immer einsetzen, da doch die Krauss die Hauptlok war.
- Brigadelok in H0e? Die ist ja viel größer als 1:87 und solche Loks gab es ja gar nicht für 750mm Spurweite.
- usw…
Aus Besessenheit, das Waldbahnthema so vorbildgenau umzusetzen wie möglich, wollte ich immer mehr und habe dabei völlig vergessen, worum es geht.
Waldbahnen, US-Waldbahnen im Besonderen, haben in den letzten 30 Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Kaum eine Modellbahnausstellung, auf der keine Waldbahn-Anlage vertreten ist. Und oft stand ich kopfschüttelnd da und habe mich an vielen Kleinigkeiten gestört. Man kann doch nicht einfach einen Rio Grande Kühlwagen an eine Shay in Kanada hängen. Von Regelspur und Schmalspur gemischt wollen wir da noch gar nicht reden. Und diese typischen Logging-Caboose die jeder irgendwie hat, das war doch nicht üblich so. Und außerdem sind die meisten Modell-Waldbahnen völlig heruntergekommen dargestellt, dabei waren die meist in viel besserem Zustand. Doch viele Bahnen wurden erst zum Ende ihrer Existenz fotografisch festgehalten, weswegen wir heute wenig Bilddokumente aus den blühenden Anfängen der Bahnen kennen.
Rückwirkend sind mir aber zwei gravierende Dinge aufgefallen:
- Da stand ein Gerd und schüttelte den Kopf über so viel Stümperei (Nicht böswillig, sondern weil man selber meinte es besser zu können, zu wissen und machen zu müssen).
- Und drumherum hundert andere Besucher, die sich einfach daran erfreuen und über jedes kleine Detail staunen, sei es in meinen Augen noch so falsch.
Es heißt zwar „Wissen schadet nicht“… aber ist es tatsächlich immer so? Man kann ahnen, worauf dieser Erkenntnisgewinn hinausläuft: Ich bin auf der Suche nach dem Waldbahner, der vergangenen Zeiten.
Es ist gar nicht so lange her, da stand ich selber stolz mit meiner umgebauten Playmobil-Lok als „rumänische Waldbahn“ auf der Ausstellerseite. Mit Bratpfanne und Spiegelei im Führerstand und einem Ring Fleischwurst an der Stehkesselrückwand. Mit einem Citroen 2CV als Draisine, Playmobilhäusern und auf Stoff gemaltem Untergrund. Oder geht man ganz zurück, als man den zum Geburtstag geschenkten RhB-Zementsilowagen stolz an die Stainz mit den Playmobil Wagen hängte.
Man muß ja nicht gleich auf kunterbunte Züge und R1 zurückkehren. Aber den Geist der Gartenbahnerei wieder zu finden, die Freude für das eigene innere Kind und den puren Spaß an der Sache… daß wäre mir sehr viel wert.
Das von dir beschriebene Problem kenne ich nur zu gut. Es hat mir schon drei Anläufe, eine Anlage in H0, H0e oder H0m zu bauen versaut. Ich bin jetzt schlussendlich beim völlig vorbildfreien Teppichbahning in ~ 1:22.5 gelandet (sehr zum Leidwesen des Hundes). Meine Fahrzeuge baue ich selbst, nach eigenen Entwürfen, die mich ansprechen, gefahren werden sie von selbstgefilzten Mäusen, und obwohl das alles sehr albern und kindisch ist, ist das der größte Spaß, den ich seit langem mit der „Modell“bahn habe.
Eine zweite Lösing, die etwas weniger kindisch ist, wäre die Darstellung eines Museums. Die sammeln oft auch einfach alles, was sie kriegen können und hängen es an Touristenzüge. Da macht dann plötzlich auch ein Rundkurs mit zig Halten auf wenigen hundert Metern Sinn.
Egal wie, ich wünsche dir, die Freude des Kindes an der Sache wieder zu finden.
Huiuiui, Gerd! Ich glaube Du legst da den Finger auf eine Wunde, die fast alle „fortgeschrittenen“ Modellbauer haben, aber nur die wenigsten geben überhaupt zu, dass sie sie spüren.
Aber Du hast nicht nur den Mut, sondern auch die Ehrlichkeit, die Geschichte Deiner Modellbauer-Karriere und alle „Unzulänglichkeiten“ darin zu erzählen. Und ich kann nur sagen: Ich finde mich darin 1:1 wieder. Die ungezügelte Begeisterung der Jugend, die Erkenntnis der Vorbildtreue, der Hang zum Perfektionismus und der Verlust der Begeisterung…
Aber ich darf sagen: Das innere Kind ist ein treuer Passagier. Fährt die ganze Zeit im Hinterstübchen mit und wartet nur darauf, wieder an den Fahrtregler zu dürfen. Mir ist es vor drei Jahren gelungen, dass ich die Kontrolle wieder abgegeben habe – und ich habe Spaß am Hobby!!
Mir hat dabei enorm geholfen, dass ich mir selber ein Zugeständnis gemacht habe: Im Hobby schulde ich niemandem etwas. Nicht den Messe-Besucher, oder den Vereinskameraden, aber vor allem: nicht mir selbst oder meinem Anspruch an Vorbildtreue.
Ich habe ein, zwei Fahrzeuge, die ich versuche möglichst vorbildgetreu zu bauen. Der Rest ist da, um Spaß zu haben. Und ich drücke Dir die Daumen, dass Du Deinen eigenen Weg dorthin findest!
„Spaß“… Ich glaube, dass ist der zweite wichtige Punkt. Was macht einem selbst Freude? Fahren? Rangieren? Bauen? Austausch mit Gleichgesinnten? Und was hindert einen an diesem persönlichen Spaß? Geldnot? Platzmangel? Familiäre Verpflichtungen? …
Ich glaube, Du bist auf einem enorm guten Weg, Deinen inneren Passagier wieder zum Betriebsleiter zu machen. Bitte berichte weiter darüber, es macht Freude zu lesen und regt die eigenen Gedanken an. Siehe oben…. :-)
Allerbeste Grüße,
Frédéric
@Michael: I hope you meet some younger people soon to befriend them. I’ve found they love to learn from the elder and in return they share joy and excitement. Be well and safe!
When you know a lot about a subject then watching others interpret how trains ran and it’s different to your understanding is painful. I remember steam on British Railways and when a steam engine was shunting it seemed to be that the object was to break the wagon and everything in it. :o)) Watch how gentle people are now. And track plans. Nothing like any prototype would have been allowed to be built and worked. You see – you are not alone but I’m old so you may be a little more alone soon.